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Warte des Tempels, Monatsschrift der Tempelgesellschaft, Ausgabe Mai 2001
Artikel von Peter Lange, Vorsteher der Tempelgesellschaft (Deutschland und Australien)
 

[Bild des Monats: Bahá'í-Gärten neu eröffnet] Nach 10 Jahren umfangreicher Umgestaltungsmaßnahmen durch die Weltreligionsgemeinschaft der Bahá'í präsentiert sich der nördliche Hang des Karmelberges in neuem Gewand. Gleichzeitig sind durch die Stadtverwaltung in Haifa auch Hauptstraße und Gebäude der ehemaligen Templerkolonie neu hergerichtet worden. Koloniestraße und Treppenaufgang zum Schrein des Báb mit seiner goldenen Kuppel waren schon immer entlang derselben Achse angelegt. Nun entsteht – nach langer Unterbrechung – wieder eine durchgehende Verbindung zwischen Meer und Karmelhöhe. Kolonieviertel und Gartenanlagen werden für Besucher wie für Einwohner zukünftig neue Glanzpunkte der Stadt darstellen. (Siehe auch unseren Beitrag "Große Eröffnungsfeier am Karmel" auf Seite 75)
 
 

Große Eröffnungsfeier am Karmel

Das Jahrhundert-Projekt der Bahá'í und seine Vorgeschichte

In der Abenddämmerung des 22. Mai 2001 werden sich etwa 4500 Menschen am Fuß des Karmelbergs versammeln, um die Einweihung und Eröffnung der Terrassengärten des Bahá'í-Weltzentrums mitzuerleben. Aus 200 Ländern und Gebieten werden die Bahá'í-Angehörigen anreisen, 19 aus jedem Land. Es werden ein Oratorium und eine Sinfonie erklingen, die extra für diesen Anlass komponiert worden sind. Das Israel Northern Symphony Orchestra von Haifa unter der Leitung von Stanley Sperber wird bekannte Instrumental- und Gesangssolisten aus Kanada, Österreich und den Vereinigten Staaten begleiten, verstärkt durch den Transsylvanischen Staatschor aus Cluj (Rumänien). Den Höhepunkt wird die spektakuläre Erstrahlung der Terrassengärten in Gestalt von Lichterketten darstellen, die sich um den illuminierten Schrein winden. Zuschauer in der ganzen Welt werden Gelegenheit haben, die Eröffnungszeremonie über Satellitenfernsehen mitzuerleben.

Die Terrassengärten sind 19stufig angelegt, neun Terrassen unterhalb des Schreins und neun Terrassen darüber. Der Schrein des Báb, des Vorläufers von Bahá'u'lláh, bildet das Zentrum, die heilige Mitte. Zusammen mit der Grabstätte des Religionsführers Bahá'u'lláh bei Akko bildet der goldgekrönte Schrein den heiligsten Ort der Bahá'í-Religion. Diese Religion entstand 1844 in Persien und stellt die jüngste der monotheistischen Religionen dar. Sie ist nach ihrer Entstehung starker und grausamer Verfolgung von Seiten des Islams ausgesetzt gewesen und wird dort zum Teil auch heute noch angefeindet.

Bahá'u'lláh verbrachte die späteren Jahre seines Lebens als Gefangener der osmanischen Türken ganz in der Nähe Haifas. Es war um die Zeit, als die ersten Templer sich in Haifa ansiedelten, und wir haben Dokumente vorliegen, dass es in den ersten Jahren dort auch Kontakte zwischen Georg David Hardegg, dem damaligen Gemeindeleiter von Haifa, und Bahá'u'lláh, beziehungsweise seinem Sohn 'Abdu'l-Bahá, gegeben hatte. Für beide Religionen, für die Templer wie für die Bahá'í, ist Haifa also zu etwa derselben Zeit zum Ort ihres Wirkens geworden.

Von Terrassengärten war zu jener Zeit allerdings noch nichts zu sehen. Der Hang des Karmelbergs lag in karger und steiniger Öde da. Schilderungen aus der ersten Zeit der Templeransiedlung können das bestätigen. Erst 1891 war es, dass Bahá'u'lláh nach seiner Freilassung aus der Haft seinem Sohn die Stelle wies, an der nach seinem Willen die Gebeine seines Vorgängers, des im Martyrium gestorbenen Báb, eine bleibende Ruhestätte finden sollten. Auf halber Höhe des Hanges wurde ein rechteckiges Mausoleum errichtet und die Bestattung der Gebeine 1909 vorgenommen. Das heutige hervorstechende und majestätisch am Berg thronende Gebäude mit der goldenen Kuppel wurde erst zwischen 1949 und 1953 unter der Anleitung Shoghi Effendis, des Urenkels von Bahá'u'lláh, erbaut, der auch die ausgedehnten Gartenanlagen schuf.

Der Karmelberg liegt an einer landschaftlich überaus reizvollen Stelle. Im Norden sieht der Beschauer die Bucht von Haifa liegen, die einzige natürliche Bucht an der Küste Palästinas, dahinter die alte Stadt Akko, im Osten die Hügel und Berge Galiläas, im Süden die weite Sharon-Ebene. Der Berg war schon immer Schauplatz geschichtlicher Begebenheiten. Allbekannt dürfte die alttestamentliche Auseinandersetzung des Propheten Elias mit den Baalspriestern sein. Der Legende nach soll er in einer Höhle am Karmel gelebt haben. Die Karmelhöhlen dienten schon in alter Zeit religiösen Zwecken. Eine von ihnen wurde in der arabischen Zeit zu einer kleinen Moschee. Von den Kreuzfahrern wurde der Karmeliterorden gegründet, der 1452 am Karmel sein erstes Nonnenkloster einrichtete. Und im Spätjahr 1868 landeten Georg David Hardegg und Christoph Hoffmann mit ihren Familien am Meeresgestade unterhalb des Berges, um hier eine "Empfangsstation" und dauerhafte Tempelsiedlung anzulegen. So ist dieser Ort für viele Religionen zu einer bedeutungsvollen Stätte ihres Glaubens geworden. Könnte er nicht dadurch auch zu einem Ort der Verständigung zwischen ihnen werden? Eine große Aufgabe erwartet die, die heute dort leben und wirken.

Für die Bahá'í ist Haifa zu ihrem Weltzentrum geworden. Verwaltungszentrale, Bibliothek, Fortbildungsstätte und Beratungshaus sind hier in Gestalt auffälliger Bauwerke entstanden. Schon immer war die Anlage von Gärten für sie ein Ausdruck ihres Glaubens. Für die Templer von Haifa war der "Persergarten" ein stehender Begriff gewesen. In den ornamental angelegten Blumenbeeten, den schattenspendenden Bäumen, den Brunnen und Wasserläufen suchten die Gläubigen Ruhe zur Meditation, aber auch Erkenntnis der Geheimnisse und der Harmonie Gottes in seiner Schöpfung. Auch die neugestalteten, in Einzelheiten überaus genau und sorgfältig ausgeführten Anlagen sollen diesen Zielen dienen. Die vielen Sträucher, Bäume, Wasserläufe und Blumengefäße wollen für den Besucher zu einer Oase der Stille und der Besinnlichkeit inmitten einer lauten und betriebsamen Großstadt werden. In den Tagen nach der Eröffnungsfeier werden die Gärten für alle Besucher kostenlos geöffnet sein.

"Die Wüste und Einöde wird frohlocken, und die Steppe wird jubeln und blühen wie die Lilien. Sie wird blühen und jubeln in aller Lust und Freude. Die Herrlichkeit des Libanon ist ihr gegeben, die Pracht von Karmel und Scharon. Sie sehen die Herrlichkeit des Herrn, die Pracht unseres Gottes." (Jesaja 35,1-2)

Weitere Bilder der Gärten im Internet unter "www.haifa.de"


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